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DER MÖRDERISCHE DUFT VON Veilchen

Manche Werke brauchen offenbar ihre Zeit. Giuseppe Verdis Nabucco etwa wurde erstaunlicherweise erst 2001 erstmals an der Wiener Staatsoper gegeben, sein Stiffelio 1996, Donizettis Anna Bolena 2011. Auch Francesco Cilèas Adriana Lecouvreur, ein Werk, das sich nach seiner Uraufführung in rasender Geschwindigkeit von St. Petersburg bis New York, von Kairo bis New Orleans quer über den Globus verbreitet hatte, war über einhundert Jahre nach der Uraufführung im Haus am Ring noch nicht erklungen. Wiener Ressentiments? Oder Zufall? Man weiß es nicht. Jedenfalls dauerte es bis 2014, bis die Oper in historisierender Ausstattung in der Staatsoper in Szene gesetzt wurde.

Cilèa, Zeitgenosse Puccinis und musikalischer Hoffnungsträger im Italien des ausgehenden 19. Jahrhunderts, konnte mit dieser Oper den Erfolg seines Lebens verbuchen. Die Geschichte rund um ein Dreiecksverhältnis, das sich zwischen Adrianne Lecouvreur, die den Feldherrn Moritz von Sachsen liebt, doch in der Fürstin von Bouillon eine gefährliche Konkurrentin findet, aufspannt, ist mehr als nur eine tragische Kriminalgeschichte mit historischem Touch (die Protagonistin wird mittels eines vergifteten Veilchen-Strausses ermordet). Sie erlaubt auch einen romantisierenden Blick in die Welt der Bühne. Es ist das beliebte Theater im Theater, das die Zuschauer erleben: Cilèa spielt mit dem Schein und Sein, verwebt kunstvoll die dargestellte Schauspielbühne mit der Opernhandlung. Denn die Titelfigur ist, wenn auch mit Ausschmückungen, der französischen Bühnengeschichte entnommen, sie lebte von 1692 bis 1730, war der Star der ComédieFrançaise und zählte zu den prominentesten Darstellerinnen ihrer Zeit. Nicht nur auf der Opernbühne, auch im tatsächlichen Leben unterhielt sie eine langjährige Liaison mit dem nicht minder bekannten Feldherrn, zahlreiche Briefe, die uns überliefert sind, erzählen von der Beziehung der beiden. Legendenumwoben wie ihr Leben war auch ihr Tod: Das Gerücht, die Fürstin von Bouillon, die in Moritz verliebt war, habe sie vergiften lassen, beschäftigte ganz Paris, hielt sich allen Widerlegungsversuchen trotzend hartnäckig und inspirierte zahlreiche Künstler zu weiteren Erweiterungen. So auch den großen Eugène Scribe zu einem Schauspiel, das Francesco Cilèa und sein Librettist Arturo Colautti ihrer Oper zugrunde legten, die 1902 in Mailand ihre Uraufführung feierte.

Ausgehend vom italienischen Verismo setzt er neben einer pointierten, raffiniert verästelten Klangsprache und schmachtend-schattierter Melodienkraft auch das Melodram als effektvolles und im Theaterkontext stimmiges Stilmittel ein. In die durchkomponierte Form platziert er prominente Inseln, wie Adrianas berühmte Arie Io son l’umile ancella oder das nachdrückliche Acerba voluttà der Fürstin Bouillon, Glanzpunkte, die sich auch in Konzertprogrammen bewährt haben. In der aktuellen Serie wird Elīna Garanča erstmals die Partie der Fürstin übernehmen (hier geht es zum Interview), Dirigent der Aufführungsserie ist Asher Fisch.